Berlinale 2025
Gedreht in Potsdam-Mittelmark: „Zikaden“mit Nina Hoss läuft auf der Berlinale

Die Schauspielerin Nina Hoss führt Brandenburger Filme immer wieder in die Weltklasse, aktuell in „Zikaden“ auf der Berlinale, zuvor in Filmen von Christian Petzold.
Quelle: Fabian Sommer/dpa
Brandenburgs Bedeutung in der Filmbranche wächst: 2024 wurden erstmals mehr als 100 Filme in Brandenburg gedreht. Auf der Berlinale ist mit „Zikaden“ am Samstag einer dieser Filme zu sehen – mit Nina Hoss in der Hauptrolle.

Potsdam. Wenn der Film „Zikaden” an diesem Samstag in der Sektion Panorama der Berlinale läuft, sieht man nicht nur Weltkino, sondern auch Lünow und Weseram, zwei Ortsteile von Roskow (Potsdam-Mittelmark). Handfestes Terrain. Eine gute Gegend, um zu spüren, wie sich der Boden unter einem auftut, wenn man bisher vor allem in Berlin gelebt hat.
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So geht es Isabell (Nina Hoss), als sie erkennt, dass ihre alten Eltern nicht mehr für sich sorgen können. Sie pendelt zwischen Berlin und dem opulenten Wochenendhaus von Mutter und Vater. Dort trifft sie auf Anja (Saskia Rosendahl), eine alleinerziehende Mutter, die mit Not über die Runden kommt. Eine unerwartete Beziehung wächst.
„Unerwartete Beziehungen“ im Filmland Brandenburg
Vielleicht ist das Filmland Brandenburg für „unerwartete Beziehungen“ ja wie geschaffen, wenn man sonst als Norm des deutschen Drehbuchs eher Neurosen oder Alltagsdramen aus Berlin vor Augen hat. Um den Kontrast zur Hauptstadt weiter zu verstärken, hat Regisseurin und Drehbuchautorin Ina Weisse auch im brandenburgischen Bergholz-Rehbrücke, Kleinmachnow, Stahnsdorf und Ketzin gedreht.
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Herausgekommen ist ein Film, der auf der Berlinale in der Sektion Panorama läuft – zur besten „Sendezeit“. „Zikaden“ könnte den großen Publikumspreis holen.

Paula Beer erhielt bei der Berlinale 2020 den Silbernen Bären als beste Hauptdarstellerin, fast wäre sie dieses Jahr im Wettbewerb mit „Miroirs No. 3“ wieder dabei gewesen.
Quelle: imago images/Future Image
Fast hätte es noch einen zweiten Brandenburger Film im Wettbewerb gegeben, doch das Stück „Miroirs No. 3″ von Christian Petzold, benannt nach einem Klavierstück von Maurice Ravel, ist für das Festival nicht rechtzeitig fertig geworden. Es befindet sich aktuell in der Postproduktion. Immer wieder dreht Petzold seine Filme in der Uckermark, auch diesen neuen.
Und traditionell setzt Petzold auf Paula Beer, die im Stück eine Klavierstudentin spielt, deren Freund bei einem Autounfall stirbt. Sie selbst überlebt, eine fremde Familie nimmt sie auf, deren dunkle Geheimnisse sie nach und nach entdeckt.
Petzold, einer der renommiertesten deutschen Filmemacher, bleibt den Orten und den Frauen treu, mit denen er arbeitet. Und es klingt wie Schicksal, zumindest aber nach Ironie, wenn man sich daran erinnert, dass Petzold in der Zeit vor Paula Beer als Heldin wiederholt auf jene Nina Hoss gesetzt hat, die nun bei Ina Weisse in einem anderen Brandenburger Film mitspielt. Hoss führt die märkischen Autorenfilme immer wieder in die Weltklasse.
„Die Bundesregierung hat eine Reform der Filmförderung versprochen, die sie bis heute zu großen Teilen schuldig geblieben ist.“
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„Zikaden“ und „Miroirs No. 3″ sind zwei von 101 Filmen, die im Jahr 2024 zu Teilen oder vollständig in Brandenburg gedreht wurden. Die Marke der Hundert wurde damit erstmals überschritten. Ein Nachweis, dass Brandenburg als Filmland wächst und immer relevanter wird.
Wenn von märkischen Leuchtturm-Projekten die Rede ist, muss auch der Film „Wunderschöner“ von Karoline Herfurth erwähnt werden, der gerade in die Kinos kam und teilweise in Schwerin (Landkreis Dahme-Spreewald) gedreht wurde.
Zwei große Hollywood-Filme 2025 im Studio Babelsberg
Auch „No Good Men“ ist ein erwähnenswertes Brandenburger Werk, entstanden in Wustermark (Havelland) und Hoppegarten (Märkisch-Oderland). Shahrbanoo Sadat dreht ihn, eine im deutschen Exil lebende afghanische Regisseurin, derzeit werden letzte Szenen in Berlin aufgenommen.
Kinofilme verfügen über größere Etats als Fernsehfilme oder Serien, diese Regeln gelten auch im Studio Babelsberg, wo in diesem Jahr zwei größere Hollywood-Filme mit Budgets um je 100 Millionen Dollar entstehen, über die öffentlich noch nichts bekannt wurde. Oscar-Gewinner Volker Schlöndorff, der in Potsdam lebt, dreht in den Babelsberger Studios demnächst den Film „Heimsuchung“ nach dem Roman von Jenny Erpenbeck.

Anneke Kim Sarnau, Emilia Schüle und Karoline Herfurth (v. l.) bei der Premiere von „Wunderschöner“, der auch im Landkreis Dahme-Spreewald entstand.
Quelle: Christoph Soeder/dpa
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In Brandenburg entstehen vor allem TV-Produktionen und Serien, auch für Streaming-Dienste. Bevorzugt werden sie in den Berlin-nahen Regionen Potsdam, Potsdam-Mittelmark, Havelland und Teltow-Fläming platziert. Das Wachstum hoch auf 101 Produktionen wurde dort und im gesamten Bundesland in stürmischen Zeiten erwirtschaftet, denn die deutsche Filmbranche erlebte 2024 ein kompliziertes Jahr mit gestiegenen Ausgaben und weniger verkauften Kinotickets.
„Brandenburg bietet ideale Voraussetzungen als internationaler Filmstandort der Spitzenklasse.“
Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) führt das auch auf mangelhafte Subventionen zurück: „Die Bundesregierung hat eine Reform der Filmförderung versprochen, die sie bist heute zu großen Teilen schuldig geblieben ist. Von einer neuen Bundesregierung braucht es das klare Bekenntnis, die zwischen Bund und Ländern weit gediehenen Arbeiten an der Filmförderung fortzuführen und zu einem schnellen und erfolgreichen Ende zu bringen.“
Wichtiger Bestandteil einer Optimierung ist das Steueranreizmodell, mit dem die Produktionen 30 Prozent der Ausgaben, die sie in der Region lassen, von Bund und Land zurückerhalten.
Auch Kirsten Niehuus, Geschäftsführerin des Medienboard Berlin-Brandenburg mit Sitz in Potsdam, das als staatliches Unternehmen die Filmförderung lenkt, pocht auf bessere finanzielle Rahmenbedingungen: „Brandenburg bietet mit den Studios in Babelsberg, den abwechslungsreichen Landschaften, Schlössern, Lost Places und der Nähe zu Berlin ideale Voraussetzungen als internationaler Filmstandort der Spitzenklasse.“ Doch es bedürfe dringend „eines wettbewerbsfähigen Fördermodells auf Bundesebene“.
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Politisch ist die Förderung kaum strittig, kaum jemand bezweifelt, dass sie in diesem Jahr gesetzlich verankert wird. Es ist ein gutes Zeichen, dass 2024 trotz der Krise kein Kino in der Region Brandenburg und Berlin aus wirtschaftlichen Gründen schließen musste. Auch Netflix machte satte Gewinne. Die Ware Film steht hoch im Kurs.
MAZ